Noch am Samstag abend amüsierte ich mich herrlich aufgedreht und wortreich auf einer Party - bis mich dort die Stimme verließ. Eine Weile verbrachte ich noch mit Tanzen, doch dann hatte der Spaß ein Ende und es ging ab nach Hause.
Sonntag
Die Stimme versagt nach wie vor. Einzelne Worte über die Lippen zu bringen ist mit einer ungeheuren Kraftanstrengung verbunden. Ganz zu schweigen von der Konzentration, die ich für den Sprechanlauf sammeln muss. Und wofür? Für ein erbärmliches Gekrächze, das nach wenigen Lauten, manchmal immerhin einigen Worten und einen gemeinen Reizhusten übergeht. Der wiederum hält sich dann ausdauernd.
Montag
Keine Stimme, wohl aber noch ordentlich Husten. Also auf zum Arzt, der mich sofort krank schreibt. Zurück im trauten Heim unternehme ich den Versuch, mich bei der Arbeit abzumelden. Die arme Seele vom Empfang wiederholte ob meiner unverständlichen, knarzig-krächzigen Äußerungen am Telefon hilflos aber kontinuierlich: "Wer sind Sie denn? Ich versteh' Sie so schlecht".
Fazit: Ich steige bis auf Weiteres aus der Telekommunikation aus.
Dienstag
Alles wie immer - ein neuer wortloser Tag wartet auf mich. Optimistisch schütte ich weiterhin literweise Salbei- und Thymian-Tee durch den gereizten Hals in meinen Körper. Muss ständig auf‘s Klo. Ansonsten kann ich keine Veränderungen feststellen.
Meine Bewunderung für Menschen, die ein Schweigegelübde ablegen, wächst. Auf NDR mittlerweile unzählige Folgen Mare TV gesehen.
Mittwoch
Verdammt, verdammt, verdammt, die Stimme ist und bleibt verlustig. Mir dagegen ist gar nicht mehr lustig zumute. Schreibe die längste Mail meines Lebens an eine Freundin, die gerade in der Ferne weilt. Der Titel lautet: Bremen Report 1. Dieser ist selbstverständlich in diverse Kapitel unterteilt.
„Mannomann, das musste aber auch mal raus!“, denke ich mir dann und freue mich schon auf das Verfassen des Bremen Reports 2, den ich noch am selben Tag beginne.
Donnerstag
Erste Sprechversuche am Morgen scheitern nach wie vor. Die Sonne scheint auch nicht mehr. Kalt ist es geworden. Dieser Tag verheißt eindeutig nichts Gutes. Abends mache ich einen schlimmen Fehler. Der Wein, den ich trinke, löst zwar meine Zunge, doch ich kann dennoch kaum einen Ton rausbringen.
Empfinde mein Sein als höchst unzumutbar.
Freitag
Noch mühsam, aber es geht - ich kann wieder reden. Ab sofort keine Zeit mehr zum Schreiben. Muss unbedingt sprechen - Jojoeffekt!
Freitag, 30. März 2012
Mittwoch, 21. März 2012
Ladenhüter
Es gibt die einen, die schon viel zu lange, bedeckt von Staub und Spinnenweben, auf einen Käufer warten. Ihr Schicksal ist ungewiss. Und es gibt daneben diese Ladenhüter ...
Dienstag, 20. März 2012
Frühstückspause
Eine Geschichte mit 10 wahllos aus dem Internet gesuchten Begriffen in 10 Minuten
- fördern
- regelmäßig
- Männer
- Wahlkampfthema
- Niederlage
- Versorgung
- Besitztümer
- Video
- Tagesverlauf
- Fantasie
Donnerstag, 15. März 2012
Erntedankfest
Sozialisation auf dem Land
Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf in Niedersachsen. Die Kindheit war toll, die Teenagerphaee unglaublich langweilig. Aus der Zeit (ca. 1982) stammt diese Betrachtung hinsichtlich der dorftypischen Feierlichkeit des Erntedanks.
Erntedankfest
Das Festzelt auffällig rotweiß gestreift, in einer weitläufigen, flachen Wiesenlandschsft aufgebaut. Vereinzelte entlaubte Bäume und die letzten Schwarzbunten, träge widerkäuend, auf den herbstlichen Wiesen. Musik dröhnt aus dem Festzelt. Weniger harmonisch als forsch und lautstark schmettert die Einmann-Kapelle die Lieder dahin, die Gäste tanzend stampfend in dem balkenbiegenden Gedränge. Rund um die Theke schwanken und schwadronieren die Feiernden bierselig über Rind und Rüben. Der verschüttete Rote Genever hinterlässt klebrige Spuren auf der Festkleidung der Damen. Korn und Bier hingegen hinterlassen zwar keine Flecken, doch ihr Geruch frisst sich in Krawatten, Hemden, Hosen, Jackets sowie Feuerwehr- und Schützenuniformen.
So ziehen die Stunden dahin und bis zum Morgengrauen leert sich allmählich das Festzelt. Ruhe kehrt ein und lässt die verlassene Kulisse unwirklich im Nebel verschwinden.
Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf in Niedersachsen. Die Kindheit war toll, die Teenagerphaee unglaublich langweilig. Aus der Zeit (ca. 1982) stammt diese Betrachtung hinsichtlich der dorftypischen Feierlichkeit des Erntedanks.
Erntedankfest
Das Festzelt auffällig rotweiß gestreift, in einer weitläufigen, flachen Wiesenlandschsft aufgebaut. Vereinzelte entlaubte Bäume und die letzten Schwarzbunten, träge widerkäuend, auf den herbstlichen Wiesen. Musik dröhnt aus dem Festzelt. Weniger harmonisch als forsch und lautstark schmettert die Einmann-Kapelle die Lieder dahin, die Gäste tanzend stampfend in dem balkenbiegenden Gedränge. Rund um die Theke schwanken und schwadronieren die Feiernden bierselig über Rind und Rüben. Der verschüttete Rote Genever hinterlässt klebrige Spuren auf der Festkleidung der Damen. Korn und Bier hingegen hinterlassen zwar keine Flecken, doch ihr Geruch frisst sich in Krawatten, Hemden, Hosen, Jackets sowie Feuerwehr- und Schützenuniformen.
So ziehen die Stunden dahin und bis zum Morgengrauen leert sich allmählich das Festzelt. Ruhe kehrt ein und lässt die verlassene Kulisse unwirklich im Nebel verschwinden.
Mittwoch, 14. März 2012
Skuriler Hamburgkrimi
Frank Schulz "Onno Viets…
… und der Verrückte vom Kiez". Ein guter Freund machte mich auf die Lesung in der Buchhandlung Storm in Bremen aufmerksam (danke dafür!).
In kleiner Runde lauschte ich mit wachsender Begeisterung der Lesestunde und fühlte mich rundum wunderbar unterhalten.
Eine skurrile Geschichte mit Hamburger Lokalkolorit, greifbare Charaktere, allen gemeinsam ihre alltäglichen Macken und eine packende Story - großartig!
Erfreulich auch, dass der Wein, den ich in der Pause käuflich erwerben wollte, bereits im Eintrittspreis enthalten war und die Veranstalter mich nur mit großen, fragenden Augen anschauten, als ich diesen noch bezahlen wollte.
An dieser Stelle sei nur noch Harry Rowohlts erste Redaktion genannt: "Ich kann über Frank Schulz' neuen Thriller nichts sagen ... Ich lese ihn wie gebannt und möchte nicht gestört werden ..."
... zwei Wochen später: "Jetzt kann sich die deutsche Gegenwartsliteratur endgültig warm anziehen!"
Eine kleine Kostprobe gefällig?
… und der Verrückte vom Kiez". Ein guter Freund machte mich auf die Lesung in der Buchhandlung Storm in Bremen aufmerksam (danke dafür!).
In kleiner Runde lauschte ich mit wachsender Begeisterung der Lesestunde und fühlte mich rundum wunderbar unterhalten.
Eine skurrile Geschichte mit Hamburger Lokalkolorit, greifbare Charaktere, allen gemeinsam ihre alltäglichen Macken und eine packende Story - großartig!
Erfreulich auch, dass der Wein, den ich in der Pause käuflich erwerben wollte, bereits im Eintrittspreis enthalten war und die Veranstalter mich nur mit großen, fragenden Augen anschauten, als ich diesen noch bezahlen wollte.
An dieser Stelle sei nur noch Harry Rowohlts erste Redaktion genannt: "Ich kann über Frank Schulz' neuen Thriller nichts sagen ... Ich lese ihn wie gebannt und möchte nicht gestört werden ..."
... zwei Wochen später: "Jetzt kann sich die deutsche Gegenwartsliteratur endgültig warm anziehen!"
Eine kleine Kostprobe gefällig?
Rettung des Genitivs
Der vergessene und grob vernachlässigte zweite Fall darbt arg elend vor sich hin. Schade drum!
Denn die Sprach- und Klangschönheit des Genitivs ist in meinen Augen unumstritten. Doch die Nichtnutzung eben dieser Sprachvariante, der Besitz anzeigenden, gibt mir nicht recht.
Dabei passt er doch so ausgezeichnet in unsere moderne Gesellschaft: haben, haben und nochmals haben, Besitztümer anhäufen, neu kaufen statt reparieren - sozusagen des Genitivs reinste Seele.
Da bleibt aus meiner Sicht nur eine letzte, verzweifelte Möglichkeit der Rettung des Genitivs: Kapitalismus konform machen wir aus dem Besitz anzeigenden Fall den Besitz ergreifenden und zwar unter Berücksichtigung bereits verbreiteter sprachlicher Nutzungsvarianten.
Um einige Beispiele zu nennen:
Denn die Sprach- und Klangschönheit des Genitivs ist in meinen Augen unumstritten. Doch die Nichtnutzung eben dieser Sprachvariante, der Besitz anzeigenden, gibt mir nicht recht.
Dabei passt er doch so ausgezeichnet in unsere moderne Gesellschaft: haben, haben und nochmals haben, Besitztümer anhäufen, neu kaufen statt reparieren - sozusagen des Genitivs reinste Seele.
Da bleibt aus meiner Sicht nur eine letzte, verzweifelte Möglichkeit der Rettung des Genitivs: Kapitalismus konform machen wir aus dem Besitz anzeigenden Fall den Besitz ergreifenden und zwar unter Berücksichtigung bereits verbreiteter sprachlicher Nutzungsvarianten.
Um einige Beispiele zu nennen:
- dem Bauer Harms sein Trecker …
- die Person, die wo ich meine …
- dem Kevin sein Handy ...
- der Sabine ihr Genitiv
Dienstag, 13. März 2012
Schwanalarm
Schon länger behaupte ich, einen der schönsten Wege zur Arbeit zu haben. Das hat sich einmal mehr bewahrheitet.
Des morgens entdeckte ich unterwegs das erste Vogelei. Unauffällig abgelegt in einem Nest in Ufernähe des Werdersees unter den tiefhängenden Zweigen einer noch unbeblätterten Trauerweide.
Mein erster Gedanke: hoffentlich Nachwuchs für die reizenden Haubentaucher, die allerdings noch eher den Eindruck machten, auf Partnersuche zu sein. Potenzielle Vogeleltern waren in der Nähe nicht auszumachen.
Erst als die weiße Gefahr in Form eines posenden Schwans sich zielstrebig dem Nest näherte, schwamm auch eilfertig und unwirsch piepsend das elterliche Haubentaucherpaar herbei, um den großen Feind furchtlos in die Flucht zu schlagen. Dieses Unterfangen entpuppte sich als Leichtes, schwamm doch einige Meter weiter kokett eine Schwanendame lasziv dahin.
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