Montag, 29. Juli 2013

Neulich bei Freunden ...

... saßen wir Abends im Garten, die drei Kinder unserer Freunde spielten Klettern in, an und auf einem alten, knorrigen Baum.

Es dauerte nicht lange und die Jüngste der drei wollte ähnlich hoch hinaus wie die beiden älteren Geschwister. Diese lehnten das jedoch vehement ab: „Dafür bist du noch zu klein!“. Kurz war Stille, dann ließ sich die Jüngste leicht quengelig vernehmen: „Das sagt ihr jeden Tag zu mir!“.  Wieder folgte eine Pause, in der Luft lag die Anspannung höchster Konzentration - bis die Antwort kam: „Ja, das stimmt ja auch.“

Diese ungaublich logische und folgerichtige Antwort sorgte im Nachgang jedoch nicht für Ruhe und Frieden ...

Die Entdeckung einer neuen Spezies!

Schon gestern hatte ich eigentlich großen Appetit auf ein Nudelgericht, jetzt am frühen Morgen ist ein wahrer Heißhunger daraus geworden. Und während ich laufe sehe ich immer einen großen, dampfenden Teller Spagetti vor mir ...und die mir vorschwebende Portion wird mit jeder Stunde größer!
Aber erst mal wird stramm gelaufen. Den ersten Ort, Krautscheid, erreiche ich nach ungefähr zwei Stunden, doch auf einen Kaffee freue ich mich umsonst, weit und breit keine Gastronomie. Also weiter, es sind ja nur noch 10 km bis Neuerburg. Ich las, dass es auf der Strecke keine Einkehr Möglichkeit mehr geben wird geschweige denn eine Einkaufsmöglichkeit.
Doch ich habe Wasser, Obst und ein belegtes Brötchen sowie Hunger auf Nudeln dabei, da kann ja nichts schiefgehen. 
Das Wetter ist heute uneins. Es mag nicht regnen, doch die Sonne mag auch nicht kommen, merkwürdig. Einer von diesen "an-aus Tagen". Kaum habe ich den Pulli übergezogen ist lockert die Bewölkung auf, wohlgemerkt es ist nicht die Rede von Sonnenschein, und sofort ist es wieder zu warm. Also Pullover aus, schon während ich den ersten Arm heraus nestle, frischt der Wind auf und es ist wieder kalt. Hüh und hott, einerseits, andererseits.
Die Wegstrecke ist heute schön, jedoch nicht spektakulär. Das Gehen fällt mir leicht, ich bin im Tritt und komme ziemlich genau zu geplanten Zeit in Neuerburg an. Dank der guten Wegbeschreibung von den Pensionswirten finde ich auch die Abkürzung zur Unterkunft problemlos. An der Haustür hängt ein Zettel, die Familie sei hinten. Ich gehe also um das Haus herum und stehe in einem gemütlichen Gärtchen mit großartiger Sicht auf die Neuerburg und bekomme sofort noch Kaffee und Kuchen gereicht, perfekt! Wir kommen gleich ins Plaudern, es ist ganz lauschig und ruckzuck sind zwei Stunden um, ohne das ich auch nur meine Wanderschuhe ausgezogen oder mein Zimmer gesehen hätte. Da ich der einzige Gast bin, kann ich mir dann sogar ein Zimmer aussuchen. Die weitere, ausgesprochen gute Meldung lautet: im Ort gibt's eine Pizzeria!
Ich lasse mir noch eine Rundtour über die Burg in die Stadt beschreiben und stapfe los. Es ist ein hübsches Städtchen.
Auf dem Weg schau ich mir noch die Kirche an. Zwei ältere Herren sitzen schräg gegenüber auf einer kleinen Terrasse und laden mich ein, ein Bier mit Ihnen zu trinken. Das ist nett und wäre sicher interessant, wir schnacken kurz. Es hilft aber alles nichts, ich will Nudeln! Nachdem ich schon um zwei Ecken gebogen bin, überlege ich schlagartig doch noch umzudrehen, aber nein, ich lasse es bleiben, die Vorstellung eines dampfenden Nudeltellers ist übermächtig.
Also weiter, fast direkt am Marktplatz gelegen sehe ich endlich die Leuchtreklame 'Pizzeria Italia'. Drinnen sind lediglich zwei Tische besetzt, aber es ist gemütlich und die italienischen Gastwirte scheinen ihre Gäste gut zu kennen und nehmen sich die Zeit für ein Schwätzchen.
Dann bin ich an der Reihe und bestelle einen kleinen Salat, Penne Arrabiata und einen Viertelliter Rotwein. Damit die Vorfreude auf die Nudeln noch exorbitant gesteigert wird, esse ich den Salat vorab.
Der Wein wird mir in einer kleinen Glaskaraffe serviert und ich gieße mir ein kleines Glas ein. "Herrlich!", denke ich. "Dieser Moment, in dem ein intensiver Wunsch kurz vor der Erfüllung steht und ich die ersten Schlucke des Rotweins genieße, macht total zufrieden.". Ich trinke und esse langsam, um möglichst lange etwas davon zu haben. Während der Nudeltellers noch über die Hälfte gefüllt ist, gieße ich mir den letzten Schluck Rotwein in mein Glas und plötzlich Angst und Schrecken in meinem persönlichen, kleinen, italienischen Paradies: auf dem Boden der Karaffe kauert reg- und leblos eine dicke schwarze Kellerspinne. Iiiiiiiigitt, doch ich bemühe mich um Contenance und statt zu kreischen, bitte ich mit höflicher Stimme den Wirt an meinen Tisch, seine Frau ist gerade draußen. Er fragt vom Tisch zwei Meter weiter, was denn sei. Ich bitte ihn erneut, an den Tisch zu kommen, um das Spinnenthema dezent abzuwickeln, ohne das die übrigen Gäste etwas davon mitbekommen.
Er kommt, ich zeige auf die Karaffe mit der Spinne. Er schaut, kneift die Augen zusammen und runzelt die Stirn. Dann wirft er die Arme in die Luft und ruft lautstark: "Mama mia, dass ist mir noch nie passiert, in 25 Jahren nicht. Noch nie, dass müssen sie mir glauben. Muss aus Flasche kommen. Mama mia, das gibt's doch nicht!". Dabei schnappt er sich Glas und Karaffe und macht sich auf in Richtung Tresen, kontinuierlich lautstark Entschuldigungen von sich gebend. Soviel zu meinen Bemühungen, die Sache dezent abzuwickeln ... Er fragt, welchen Wein ich hatte und schenkt mir einen neuen ein, nicht ohne vorher demonstrativ eine neue Flasche zu öffnen und mir zu versichern, die Sorte sei viel leckerer.
Ich komme kaum zu Wort, um zu bestätigen, dass ich auch glaube, die Spinne war in der Flasche, da ich beobachtet habe, das seine Frau jedes Glas, das sie rausgegeben hat, noch einmal ins Licht hielt, um die Sauberkeit zu überprüfen. Dabei hätte sie diese dicke Spinne niemals übersehen können.
Ich bekomme den neuen Wein. Ein Paar ein paar Tische weiter fragt interessiert, was denn los sei, doch ich sage, diese Geschichte soll ihnen besser der Wirt erzählen, nicht ich. Sie lassen aber nicht locker und erzählen mir, sie seien gut befreundet, schon über 10 Jahre ... Also gebe ich die Spinnengeschichte leise preis. Derweil kommt die Gastwirtin wieder herein und fragt mit sicherem Instinkt dafür, das irgendetwas vorgefallen sein muss ihren Mann, was los sei. Zunächst wiegelt er ab: "Nichts, nichts, alles gut, alles gut.", doch auf ihr beharrliches Nachfragen hin, erzählt er die Geschichte, woraufhin sie entsetzt aufschreit, zu mir kommt, sich entschuldigt und mir sofort einen neuen Wein einschränkt. Ich erwähne, dass ich bereits einen neuen Wein von ihrem Mann erhalten habe. Das hindert oder bremst sie jedoch in kleinster Weise, sondern führt lediglich dazu, mir auch noch eine Flasche Wasser zu kredenzen.
Nach diesen Turbulenzen setzen wir uns alle an einen Tisch und es wird im weiteren Verlauf ein sehr lustiger und weinseliger Abend.